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01 Juni 2012

An den Internationalen Automobil Arbeiter Ratschlag ! von Mahmud Salehi


An den Internationalen Automobil Arbeiter Ratschlag !
von Mahmud Salehi

Sehr geehrte Teilnehmerinnen/Teilnehmer!

Ich habe erfahren, dass Ihr Ratschlag vom 17. bis zum 20. Mai 2012 in der Stadt München stattfindet. Als ein Arbeiteraktivist aus dem Iran möchte ich meine Solidarität hier zum Ausdruck bringen. Gewiss ist diese Anstrengung der Verstärkung der internationalen Arbeitersolidarität dienlich.

Obwohl ich gerne dabei sein würde, um Sie persönlich kennen zu lernen, gelang es mir leider nicht. Deshalb sende ich Ihnen diese Botschaft zu.

Liebe Genossinnen, Liebe Genossen!

Dieser Ratschlag findet in den Zeiten statt, in denen die Arbeiter auf dieser Seite der Welt unter den schlimmsten Arbeits- und Lebensbedingungen leben und mit sehr vielen Problemen zu kämpfen haben. Arbeiten, um überleben zu können ist heute im Iran ein grundlegendes Problem und zur Sorge der Arbeiterfamilien geworden. Zunehmende Arbeitslosigkeit, unbefristete Arbeitsverträge, Arbeitsplatzunsicherheit, die Schließung von Produktionsstätten und die dadurch resultierende Arbeitslosigkeit, ausstehende Löhne etc. verschlechtern zunehmend die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse.
Der Tageslohn der Arbeiter ist in diesem Jahr auf unter 10 Dollar festgelegt worden und damit liegt er unterhalb der Armutsgrenze. Durch Abschaffen der staatlichen Subventionen seit letztem Jahr sind die Preise für Lebensmittel und für alle lebensnotwendigen Waren drastisch gestiegen. Es ist eine bittere Tatsache, dass diese Maßnahmen von der Weltbank und dem internationalen Währungsfond empfohlenen wurden und lediglich der massiven Zuspitzung der Lebensbedingungen der Arbeiter und Werktätigen gedient hat.

In so einer Situation treten die Kapitalisten, die alle gesetzlichen Mittel und Organisationen zur Verfügung haben, die Rechte der Arbeiter mit den Füßen und schlagen Arbeiterproteste brutal nieder. Streik ist im Iran verboten und jeder streikende Arbeiter ist nach islamischem Strafrecht schuldig und muss bestraft werden. Ferner sind Demonstrationen und jegliche Art der Arbeiterversammlung verboten. Jeglicher Versuch zur Bildung von unabhängigen Arbeiterorganisationen wird als eine Handlung gegen die nationale Sicherheit eingestuft und gemäß § 498 des islamischen Strafrechts zu zwei bis 10 Jahren Haft geahndet.

Bei der Iran-Khodro gibt es keine Arbeiterorganisation für die Verteidigung der Arbeiterrechte.
Zurzeit sind dutzende Mitglieder der vom Staat unabhängigen Arbeiterorganisationen verhaftet und verurteilt worden oder warten auf ihren Prozess. Zum Beispiel wurde Reza Shahabi wegen Bildung der Teheraner Busfahrergewerkschaft zu 6 Jahren Haft verurteilt und darf anschließend für 5 Jahre keine gewerkschaftlichen Aktivitäten ausüben. Behnam Ibrahim Zadeh, der zu 5 Jahren Haft verurteilt worden ist, ist ein anderes Beispiel dafür.

Verehrte Damen und Herren!

Im Iran gibt es zwei Auffassungen über die Arbeiter und ihre Situation:

Der erste Standpunkt versteht das Arbeitsrecht als eine nationale Angelegenheit und sieht deshalb die Einhaltung des internationalen Arbeitsrechts für nicht notwendig an.

Im Gegensatz dazu versteht der zweite Standpunkt das Arbeitsrecht als eine internationale Angelegenheit, da die Arbeiterforderungen weltweit ähnlich sind. Aus diesem Grund sieht diese Ansicht die Einhaltung der internationalen Arbeiterrechte und Konventionen für notwendig und unentbehrlich an.

Im Iran müssen die Arbeiter entweder die erste Ansicht und alle damit verbundenen Gesetze bedingungslos akzeptieren oder den zweiten Standpunkt annehmen und für ihre Rechte kämpfen und somit verfolgt, entlassen, mit dem Tode bedroht und verhaftet werden. Nach der Verhaftung werden wir als Gottlose oder Spione für ausländische Mächte verurteilt.

Obwohl es laut islamischer Verfassung erlaubt ist, unbewaffnete und gewaltfreie Demonstrationen durchzuführen, sind in der Tat jegliche nicht staatliche Demonstration verboten und die Teilnahme daran strafbar. Arbeiter dürfen nur an den staatlichen 1. Mai Veranstaltungen teilnehmen. Als am 1. Mai dieses Jahres Arbeiter aus der Stadt Sanandaj in Kurdistan auf die Straße gingen, wurden sieben von ihnen verhaftet und dutzende brutal zusammengeschlagen.

Im Jahr 1989 wurde Jamal Cheraghwaisi wegen seiner Teilnahme an der 1. Mai Veranstaltung verhaftet, zum Tode verurteilt und dann hingerichtet.

Wir, Arbeiter aus der Stadt Saghez, haben im Jahr 2004 anlässlich des 1. Mai einen Antrag auf eine Demonstrationsgenehmigung gestellt. Anstatt der Genehmigung wurden wir auf Befehl der staatlichen Behörden angegriffen. 27 Arbeiter wurden dabei verhaftet und sieben von ihnen wurden in bespiellosen Prozessen verurteilt. Ich selbst wurde zu einem Jahr Gefängnis und zu drei Jahren Verbot der gewerkschaftlichen Aktivität verurteilt.

Trotz Unterdrückung und finanzieller Bedrängnisse protestieren die Arbeiter in verschiedenen Teilen Irans in verschiedenen Formen gegen diese Situation und fordern durch Streiks und Versammlungen ihre Rechte ein.

Liebe Freundinnen, Liebe Freunde!

Zum Schluss möchte ich Sie bitten, in allen möglichen Formen die Forderungen der Arbeiterklasse im Iran, wie zum Beispiel das Recht auf die Bildung einer unabhängigen Arbeiterorganisation, das Recht auf Streik, Versammlung und Demonstration, das Recht auf Versammlungen zum 1. Mai und die Freilassung aller verhafteten Arbeiteraktivisten zu unterstützen. Wir gehören zu einer weltweiten Klasse und sind darauf angewiesen, uns gegenseitig zu unterstützen. Wir müssen in der Lage sein, solidarisch und vereint für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen.

Mit solidarischen Grüßen

Mahmud Salehi- ein Arbeiteraktivist aus dem Iran

13.05.2012  Iran-Saghez