17 November 2012

Ein Brief an die ILO (International Labour Organisation)


Shahrokh Zamani ist ein iranischer Arbeiteraktivist, der auf Grund seiner gewerkschaftlichen Tätigkeiten zu elf Jahren Gefängnis verurteilt wurde. In einem Brief aus dem Gefängnis an den Vorsitzenden der I.L.O. schreibt er:
An den Vorsitzender der ILO :

Wie lange soll die Politik des Schweigens und Abwartens gegenüber der Unterdrückung der Arbeiteraktivisten noch andauern?
Ich heiße Shahrokh Zamani und bin ein Mitglied der Malerarbeitergewerkschaft in Teheran. Ich wurde in einem arbeiterfeindlichen Gericht auf Grund meiner gewerkschaftlichen Aktivitäten zu 11 Jahren Gefängnis verurteilt. Wir, die Arbeiter im Iran, sind 12 Millionen und sind in allen Bereichen beschäftigt, wie Industrie, Bergbau, Erdöl, Gas& Petrochemie, Landwirtschaft, Bau usw. Wenn man die Anzahl unserer Familien dazu rechnen würde, käme Mann auf eine Zahl, die einen großen Anteil der Bevölkerung des Landes ausmacht. Ohne jede Übertreibung kann behauptet werden, dass alle materiellen und immateriellen Produkte der Gesellschaft durch Mühe und Arbeit unserer Klasse entstehen. Wenn unsere Schwestern und Brüder in der Erdöl- und Maschinenindustrie die Arbeit für eine Woche verweigern würden, würde die Wirtschaft des Landes zusammenbrechen. Welche bedeutenden Leistungen hat  das islamische Regime, das groß über die Gerechtigkeit in Iran spricht, für unsere Klasse vollbracht?
Dieses Regime ist nicht nur ein Garant für die Ausbeutung der Arbeiter durch einige wenige Großkapitalisten und parasitäre Arbeitsvermittler, sondern auch verantwortlich für die Unterdrückung der Arbeiter und ihrer gewerkschaftlichen Rechte und Organisationen. Einige Beispiele dafür sind:
  • Die Austilgung der Arbeitsplatzsicherheit durch Zeitarbeit und die vertragslose Arbeit, die moderner Sklavenarbeit gleichkommt.
  • Die Abschaffung aller Gesetze, die die Arbeiterrechte auf alle Ebenen schützen sollten.  Sogar die arbeiterfeindliche Organisation des Regimes (Haus der Arbeit) bekennt, dass das aktuelle Arbeitsrecht ein Kündigungsinstrument in den Händen der Arbeitgeber ist.
  • Die Festlegung eines Mindestlohns von 390.000 Toman, dass ein Viertel unterhalb der Armutsgrenze liegt.
  • Die Ausrottung der Inlandsproduktion durch die Abschaffung der Zoll- und Einfuhrabgaben, die zur Einfuhr von minderwertigen Waren durch mafiöse Machthaber führte und zum Jobverlust von Millionen Arbeitern in der Dienstleistungs- und Industriebranche wie z.B. in den Branchen Schuh, Web, Textil, Teppich, Zucker, Tee, Reis usw. geführt haben.

  • Die Unterdrückung der kleinsten Proteste, Streiks, Arbeiteraktivisten und Arbeiterorganisationen wie der Busfahrer (Vahed), der Teheraner Maler, der Haft Tapeh Gewerkschaft, der Bäckereiarbeiter der Stadt Saqqez, des Koordinationskomitee zur Schaffung von Arbeiterorganisationen, des Komitees für die Verfolgung der Gründung von Arbeiterorganisationen usw. Diese Unterdrückungen sind die Arbeitsergebnisse und Dienste des Regimes und seines islamischen Rechts.

Herr Vorsitzender!
Durch Zunahme der Proteste im Inland und Ausland gegen die Unterdrückungspolitik des arbeiterfeindlichen islamischen Regimes, hat dieses Regime einen hinterhältigen Trick ergriffen und versucht die gewerkschaftlichen Aktivitäten der Arbeiter mit arglistigen Anschuldigungen, wie „Verschwörung zum Sturz des Regimes“ oder mit oppositionellen Organisationen in Verbindung zu stehen, zu kriminalisieren, um die Arbeiteraktivisten einzuschüchtern und zu langjährigen Gefängnisstrafen verurteilen zu können. Einige Arbeiteraktivisten, die mit Hilfe dieser heuchlerischen Methode zu langen Gefängnisstrafen verurteilt worden sind: Reza Shahabi, Afshin Osanloo, Behnam Ebrahim Zadeh, Mohammad Jarahi, Pedram Nassrolahi, ich selbst und viele andere.
Diese Anschuldigungen sind so falsch und lächerlich, dass sogar einige der Justizverantwortlichen durch internationale Proteste und die der Familien und Rechtsverteidiger die Gegenstandslosigkeit dieser Anschuldigungen zugeben.
In meinem Fall räumte z.B. bei Nachfragen meiner Familie und der Verteidiger über die Beweislast der Richter ein: “ ..in dieser komplizierten Hierarchie führe ich nur aus“. Auch ein Experte des Höchsten Gerichts sagte in einem Gespräch mit meiner Familie: „ In seiner Akte finde ich keine begründeten Beweise und Dokumente für eine Verurteilung „.

Verehrter Vorsitzender!
Wie sie sehen, entsteht das Urteil gegen einen Arbeiteraktivisten auf diese Art und Weise und beweist, dass das islamische Regime sich sogar nicht an seine Gesetze gebunden fühlt. Diese Gerichte haben Ähnlichkeit mit einem Marionettentheater, die unter Druck der Kapital-und Machtmafioso jegliche juristische Unabhängigkeit verloren haben und nur die Befehle ausführen und befohlene Urteile verkünden.
Kann so ein Regime die Gesetze der internationalen Organisationen ausführen?
Hat die I.L.O. von so viele Entlassungen, Verhaftungen, Gefängnisurteilen und Auspeitschungen der Arbeiteraktivisten keine Ahnung?
Die I.L.O. kennt das Recht auf Arbeiterorganisation, Streik und...... an. Nun, die Frage ist, warum die ILO die Mitgliedschaft des islamischen Regimes, das die Schaffung der unabhängigen Arbeiterorganisationen verhindert und Arbeiterstreiks unterdrückt und die Arbeiter unter falschen Anschuldigungen für mehrere Jahren einsperrt, nicht in Frage stellt und die arbeiterfeindlichen Maßnahmen dieses Regimes nicht verurteilt werden. Ist es nicht eine Politik mit zweierlei Maßstab?
Wir, die Arbeiteraktivisten, die unter Despotismus und unvorstellbarer Unterdrückung leben, fordern Sie, den Vorsitzender der I.L.O auf, sich für die Freilassung der Arbeiteraktivisten auf Grund der Bestimmungen dieser Organisation, wie das Recht auf Schaffung der Arbeiterorganisation und des Streiks, einzusetzen und die Beendigung der Unterdrückung der Arbeiteraktivisten und Arbeiterorganisationen zu fordern.

06.11.2012, Shahrokh  Zamani,
Iran, Radjaie Shahr Gefängnis