01 Juni 2012

Internationaler Automobilarbeiterratschlag 2012: Resolution zum Iran


Wir, die Teilnehmer des 7. Internationalen Automobilarbeiterratschlags in München, vom 17. bis 20. Mai 2012, wurden über die schlimme Lage der Arbeiter in Iran ebenso informiert wie über die Schwierigkeiten der Arbeiter-Aktivisten. So gibt es z.B. kein Recht auf Organisierung der Arbeiter, kein Streikrecht und keine echte Meinungsfreiheit. Aktivisten der Arbeiterbewegung sind ständiger Verfolgung ausgesetzt und allen erdenklichen Repressalien bis hin zur Verhaftung. In den Gefängnissen werden sie häufig gefoltert.
Wir verurteilen aufs schärfste dieses Vorgehen des islamischen Regimes, welches die Ausübung der Grundrechte der iranischen Arbeiter verhindert.
Wir fordern:
1)Die sofortige und bedingungslose Freilassung aller inhaftierten Arbeiter, insbesondere die von Reza Shahabi und Ali Nejati. Deren Gesundheitszustand ist unter diesen Haftbedingungen als sehr bedenklich anzusehen, so dass sie sofort in ein Krankenhaus überstellt werden müssen. Reza Shahabi sollte sofort operiert werden, da ansonsten seine ganze linke Körperhälfte gelähmt bleiben wird.
2)Anerkennung des Organisationsrechts, des Streikrechts, Versammlungsrechts und aller weiteren demokratischen Rechte. Sofortige Aufhebung aller staatlichen Maßnahmen, die der Verfolgung der Arbeiter dienen.
3)Rücknahme der Massenentlassungen. Auszahlung der zum Teil seit Monaten ausstehenden Löhne. Erhöhung der Löhne in Angleichung an die Inflationsrate.
Wir sehen es als unsere internationale Pflicht, die Rechte unserer Klassenbrüder im Iran zu verteidigen. Wir erklären uns solidarisch mit den Forderungen der iranischen Arbeiter und fordern die Islamische Republik Iran auf, die oben genannten Forderungen umgehend zu erfüllen. Bis dahin werden wir auf allen möglichen Ebenen den Kampf zur Durchsetzung dieser Forderungen international weiterführen.
Teilnehmer des 7. Internationalen Automobilarbeiterratschlags in München

Unterdrückung Im Iran


Wirtschaftswissenschaftler und Arbeiteraktivist verhaftet
21.05. Fariborz Rais-Dana, Mitglied des iranischen Schriftstellerverbandes und des Vereins für die Verteidigung der Arbeiterrechte, wurde bei seiner regelmäßigen Vorstellung bei der Polizei verhaftet und in das Evin-Gefängnis eingesperrt. Er wurde schon einmal vor zwei Jahren wegen Kritikausübung gegen die Abschaffung von Subventionen für einen Monat eingesperrt. Vor einem Jahr warf ihm das Revolutionsgericht „Beleidigung des Präsidenten“ und Mitgliedschaft im iranischen Schriftstellerverband vor und er wurde zu einem Jahr Haft verurteilt.


Mohamad Jarahi im Hungerstreik
17.05. Mohamad Jarahi, ein Arbeiteraktivist aus der Stadt Tabrīz und Mitglied des Komitees für die Gründung von Arbeiterorganisationen, der in der Stadt Tabrīz zu fünf Jahren Haft verurteilt worden ist, ist in den Hungerstreik eingetreten. Sein Protest richtet sich gegen seine Gefangenschaft und seinen Transfer in die Sektion „Methadon“ für die Drogenabhängigen des Gefängnisses.

Gemeinsamen Brief von Shahabi und Ebrahim Zadeh zum 1. Mai 2012


Die verhafteten Arbeiteraktivisten Ali Nejati, Mitbegründer und Vorsitzender der Haft-Tapeh-Gewerkschaft, Shahrokh Zamani, Behnam Ebrahim Zadeh, Kinder- und Arbeitsrechtaktivist, und Reza Shahabi, Mitbegründer und Vorstandsmitglied der Teheraner Busfahrergewerkschaft Vahed, haben vom Gefängnis aus  anlässlich des 1.Mai einige Aufrufe herausgegeben.

Im Folgenden bringen wir Auszüge aus einem gemeinsamen Brief von Shahabi und Ebrahim Zadeh: „Der Arbeitertag naht schon, aber Millionen Arbeiter im Iran leiden unter ganz schweren Lebensbedingungen. Sie protestieren wie in vorigen Jahren und bringen immer noch ihre Unzufriedenheit zum Ausdruck. Zurzeit befinden sich mehrere Aktivisten im Gefängnis. Der internationale Arbeitertag wurde als solcher anerkannt, um die Gedanken an blutige Arbeiterkämpfe, besonders die Ermordung der Chicagoer Arbeiter, die für acht Arbeitsstunden am Tag demonstriert hatten, lebendig zu halten.
Die Arbeiter in der ganzen Welt feiern an diesem Tag und bringen Ihre Proteste und Forderungen zum Ausdruck.              
Die Machthaber in unserem Land erlauben keine unabhängige Arbeiterorganisationen, keine Protestaktionen und Demonstrationen…Die iranischen Arbeiter, insbesondere die verhafteten Arbeiteraktivisten, schenken diesem historischen Tag viel Beachtung. Wir hoffen, dass in diesem Jahr kein einziger Arbeiter aufgrund seiner gewerkschaftlichen und politischen Forderungen verhaftet und eingesperrt wird. Wir, die verhafteten Arbeiteraktivisten und Gewerkschafter, nehmen den 1.Mai als Anlass, um unsere Rechtsforderungen noch einmal publik zu machen.

  1. Wir, die verhafteten Arbeiter, fordern die freie Gründung der Gewerkschaft und andere Arbeiterorganisationen und die Beachtung anderer grundlegender Arbeiterrechte nach dem Standard der Weltarbeiterorganisation ILO
  2. Anerkennung des Rechts auf Protest, Streik, Demonstration und aller anderen Protestformen der Arbeiter, insbesondere am 1.Mai
  3. Die Arbeitsbeschaffung für die Arbeitslosen. Gleichbehandlung von Frauen und Männern, Verbot der Kinderarbeit, Lohnerhöhung aufgrund tatsächlicher und wahrer Daten, Sicherheit der Arbeitsplätze und Abschaffung der Zeitarbeitsverträge.
  4. Beendigung von Entlassung, Verfolgung und Verhaftung von Arbeiteraktivisten und Gewerkschafter
  5. Solidarität mit den weltweiten Protesten der Arbeiter, die durch die Wirtschaftskrise immer mehr benachteiligt werden.

Zum Schluss rufen wir alle Arbeiter, Arbeiteraktivisten, unabhängige Arbeiterorganisationen und freiheitsliebende Menschen auf, einig und solidarisch den 1. Mai zu veranstalten und auf die oben beschriebenen Forderungen zu bestehen und sich dafür einsetzen. „
Evin-Gefängnis Mai 2012

An den Internationalen Automobil Arbeiter Ratschlag ! von Mahmud Salehi


An den Internationalen Automobil Arbeiter Ratschlag !
von Mahmud Salehi

Sehr geehrte Teilnehmerinnen/Teilnehmer!

Ich habe erfahren, dass Ihr Ratschlag vom 17. bis zum 20. Mai 2012 in der Stadt München stattfindet. Als ein Arbeiteraktivist aus dem Iran möchte ich meine Solidarität hier zum Ausdruck bringen. Gewiss ist diese Anstrengung der Verstärkung der internationalen Arbeitersolidarität dienlich.

Obwohl ich gerne dabei sein würde, um Sie persönlich kennen zu lernen, gelang es mir leider nicht. Deshalb sende ich Ihnen diese Botschaft zu.

Liebe Genossinnen, Liebe Genossen!

Dieser Ratschlag findet in den Zeiten statt, in denen die Arbeiter auf dieser Seite der Welt unter den schlimmsten Arbeits- und Lebensbedingungen leben und mit sehr vielen Problemen zu kämpfen haben. Arbeiten, um überleben zu können ist heute im Iran ein grundlegendes Problem und zur Sorge der Arbeiterfamilien geworden. Zunehmende Arbeitslosigkeit, unbefristete Arbeitsverträge, Arbeitsplatzunsicherheit, die Schließung von Produktionsstätten und die dadurch resultierende Arbeitslosigkeit, ausstehende Löhne etc. verschlechtern zunehmend die Lebensbedingungen der Arbeiterklasse.
Der Tageslohn der Arbeiter ist in diesem Jahr auf unter 10 Dollar festgelegt worden und damit liegt er unterhalb der Armutsgrenze. Durch Abschaffen der staatlichen Subventionen seit letztem Jahr sind die Preise für Lebensmittel und für alle lebensnotwendigen Waren drastisch gestiegen. Es ist eine bittere Tatsache, dass diese Maßnahmen von der Weltbank und dem internationalen Währungsfond empfohlenen wurden und lediglich der massiven Zuspitzung der Lebensbedingungen der Arbeiter und Werktätigen gedient hat.

In so einer Situation treten die Kapitalisten, die alle gesetzlichen Mittel und Organisationen zur Verfügung haben, die Rechte der Arbeiter mit den Füßen und schlagen Arbeiterproteste brutal nieder. Streik ist im Iran verboten und jeder streikende Arbeiter ist nach islamischem Strafrecht schuldig und muss bestraft werden. Ferner sind Demonstrationen und jegliche Art der Arbeiterversammlung verboten. Jeglicher Versuch zur Bildung von unabhängigen Arbeiterorganisationen wird als eine Handlung gegen die nationale Sicherheit eingestuft und gemäß § 498 des islamischen Strafrechts zu zwei bis 10 Jahren Haft geahndet.

Bei der Iran-Khodro gibt es keine Arbeiterorganisation für die Verteidigung der Arbeiterrechte.
Zurzeit sind dutzende Mitglieder der vom Staat unabhängigen Arbeiterorganisationen verhaftet und verurteilt worden oder warten auf ihren Prozess. Zum Beispiel wurde Reza Shahabi wegen Bildung der Teheraner Busfahrergewerkschaft zu 6 Jahren Haft verurteilt und darf anschließend für 5 Jahre keine gewerkschaftlichen Aktivitäten ausüben. Behnam Ibrahim Zadeh, der zu 5 Jahren Haft verurteilt worden ist, ist ein anderes Beispiel dafür.

Verehrte Damen und Herren!

Im Iran gibt es zwei Auffassungen über die Arbeiter und ihre Situation:

Der erste Standpunkt versteht das Arbeitsrecht als eine nationale Angelegenheit und sieht deshalb die Einhaltung des internationalen Arbeitsrechts für nicht notwendig an.

Im Gegensatz dazu versteht der zweite Standpunkt das Arbeitsrecht als eine internationale Angelegenheit, da die Arbeiterforderungen weltweit ähnlich sind. Aus diesem Grund sieht diese Ansicht die Einhaltung der internationalen Arbeiterrechte und Konventionen für notwendig und unentbehrlich an.

Im Iran müssen die Arbeiter entweder die erste Ansicht und alle damit verbundenen Gesetze bedingungslos akzeptieren oder den zweiten Standpunkt annehmen und für ihre Rechte kämpfen und somit verfolgt, entlassen, mit dem Tode bedroht und verhaftet werden. Nach der Verhaftung werden wir als Gottlose oder Spione für ausländische Mächte verurteilt.

Obwohl es laut islamischer Verfassung erlaubt ist, unbewaffnete und gewaltfreie Demonstrationen durchzuführen, sind in der Tat jegliche nicht staatliche Demonstration verboten und die Teilnahme daran strafbar. Arbeiter dürfen nur an den staatlichen 1. Mai Veranstaltungen teilnehmen. Als am 1. Mai dieses Jahres Arbeiter aus der Stadt Sanandaj in Kurdistan auf die Straße gingen, wurden sieben von ihnen verhaftet und dutzende brutal zusammengeschlagen.

Im Jahr 1989 wurde Jamal Cheraghwaisi wegen seiner Teilnahme an der 1. Mai Veranstaltung verhaftet, zum Tode verurteilt und dann hingerichtet.

Wir, Arbeiter aus der Stadt Saghez, haben im Jahr 2004 anlässlich des 1. Mai einen Antrag auf eine Demonstrationsgenehmigung gestellt. Anstatt der Genehmigung wurden wir auf Befehl der staatlichen Behörden angegriffen. 27 Arbeiter wurden dabei verhaftet und sieben von ihnen wurden in bespiellosen Prozessen verurteilt. Ich selbst wurde zu einem Jahr Gefängnis und zu drei Jahren Verbot der gewerkschaftlichen Aktivität verurteilt.

Trotz Unterdrückung und finanzieller Bedrängnisse protestieren die Arbeiter in verschiedenen Teilen Irans in verschiedenen Formen gegen diese Situation und fordern durch Streiks und Versammlungen ihre Rechte ein.

Liebe Freundinnen, Liebe Freunde!

Zum Schluss möchte ich Sie bitten, in allen möglichen Formen die Forderungen der Arbeiterklasse im Iran, wie zum Beispiel das Recht auf die Bildung einer unabhängigen Arbeiterorganisation, das Recht auf Streik, Versammlung und Demonstration, das Recht auf Versammlungen zum 1. Mai und die Freilassung aller verhafteten Arbeiteraktivisten zu unterstützen. Wir gehören zu einer weltweiten Klasse und sind darauf angewiesen, uns gegenseitig zu unterstützen. Wir müssen in der Lage sein, solidarisch und vereint für eine Welt ohne Ausbeutung und Unterdrückung zu kämpfen.

Mit solidarischen Grüßen

Mahmud Salehi- ein Arbeiteraktivist aus dem Iran

13.05.2012  Iran-Saghez   

Rückblick-1.Mai 2012 im Iran

Das islamische Regime Irans versucht durch Anwendung schärfster Methoden jede soziale Aktivität der Arbeiter zu unterbinden. In all den Herrschaftsjahren der Islamisten im Iran, haben jedes Jahr Teile der Arbeiter, trotz Schikanen und Verhaftungen der Regierung, auf irgend eine Weise, den 1. Mai gefeiert. Dieses Jahr wurde der 1. Mai noch vielfältiger als in den Vorjahren gefeiert. Viele Veranstaltungen wurden an geheimen Orten abgehalten, um Verhaftungen zu vermeiden. In manchen Städten wie Saqqez und Sanandaj wurden einige Arbeiter durch den massiven Einsatz der „Sicherheitskräfte“ verhaftet. In vielen Fabriken, wie der Stahlfabrik in Isfahan, den Industriewerken Alborz, der Raffinerie Lavan und in der Petrochemie Mahschahr gab es eine zehnminütige Arbeitsniederlegung. Einige der berichteten Veranstaltungen sind:
Region Teheran:
Im Bezirk Lawassan hielten mehrere Bauarbeiter eine mehrstündige Versammlung ab. Der Arbeiteraktivist Mahmoud Salehi nahm über eine Telefonkonferenz an der Veranstaltung teil und hielt eine Rede.
Im Bezirk Kan versammelten sich etwa 50 Einwanderer-Arbeiter in einem Park und hielten Vorträge über die Situation der Arbeiter.
In der Stadt Damāvand begann die Veranstaltung mit dem Singen der Internationale, danach hielt eine der Teilnehmerin eine Rede über die Situation der Arbeiterklasse im Iran und in der Welt.
Provinz  Kurdestan:
In Saqqez hat der Geheimdienst bereits im April einige Arbeiteraktivisten vorgeladen und Ihnen jegliche Aktivitäten bezüglich des 1. Mai verboten und ihnen mit Konsequenzen gedroht. Trotzdem versammelten sich die Arbeiter um 8:30 Uhr im Stadtzentrum. Dort hielt Mahmoud Salehi eine Rede. Die Sicherheitskräfte umzingelten den Ort vergeblich, um Salehi festzunehmen.
In Sanandaj begann die intensive polizeiliche Kontrolle bereits drei Tage zuvor. Trotz der starken Anwesenheit der Spezialgarde wurde durch Mund zu Mund Propaganda der Ort und die Zeit bekannt gemacht. Eine große Anzahl nahm im Stadtzentrum an der Demonstration teil. Bereits nach zehn Minuten griffen die Sicherheitskräfte die Demonstranten mit Schlagstock und Pfefferspray an und nahmen mehrere Personen fest.
Oshnaviyeh: In dieser Stadt begann die Veranstaltung mit einer Schweigeminute für alle getöteten und verunglückten Arbeiter. Nach der Hymne der Internationalen hielt ein Arbeiter eine Rede über die Geschichte der Arbeiterbewegung und die heutige Situation der Arbeiter.

In Kamyaran begann die Veranstaltung ebenso mit der Internationalen, danach wurden Reden über die Situation der Arbeiter, dem Nahen Osten und der Occupy- Bewegung gehalten. Am Ende wurde über die Stärken und Schwächen der Arbeiterbewegung diskutiert.
In Bāneh versammelten sich die Arbeiter und deren Familien. Die Veranstaltung verlief ähnlich wie in Kamyaran. Darüber hinaus wurde dort eine Rede über die Inflation und Niedriglöhne gehalten.
In Paveh, in der Provinz Kermānshāh begann die Veranstaltung mit einer Schweigeminute für allen getöteten und verunglückten Arbeiter und mit der Hymne der Internationalen. Das Thema einer der Reden war die Herausforderungen der Arbeiter weltweit. Am Ende wurde eine Resolution verabschiedet und vorgetragen.
In Mahabad in der Provinz Azarbayjan-e Gharbi fand eine mehrstündige Versammlung in der Stadtumgebung statt. Die Versammlung wurde mit der Internationalen eröffnet, einige Reden und Referate über die Geschichte des 1. Mai, das nach Weltmacht strebende System, Kapitalismus und die Unterdrückung im Iran gehalten.